Kinder beim Zahnarzt

In anderen Bereichen der Homepage ist von der Grundeinstellung die Rede, die Sie zur Behandlung mitbringen sollten. SIE sind ein erwachsener Mensch und damit allein entscheidungsbefugt, was oder was eben nicht mit ihrem Gebiss geschehen sollte.

Wie sieht es aber nun mit Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern aus?

Dazu eine Begebenheit, die sich vor Jahren in meiner Praxis zugetragen hat:

Fünfjähriger Bub sitzt mit Schmerzen das erste Mal in seinem Leben am Behandlungsstuhl. Ich sehe viele Ruinen, aber natürlich keinerlei Spuren bisherigen zahnärztlichen Wirkens.

Mutter (auf diese Tatsache zart hingewiesen): „Ja ich weiß eh, aber wissen Sie, er putzt ja auch immer so schlecht!“

Ich: „Aha. Na dann gibt es ja sicher auch Probleme, wenn er sich Gewand und Schuhe kauft und die Sachen dann nicht passen“.

Mutter (mit hochgezogenen Brauen): „Wieso nein, natürlich kaufe ich für ihn ein!“.

Ich: „Ja natürlich. Aber wieso verstehen Sie dann nicht, dass Sie ihm die Zahnpflege nicht alleine überlassen können, ebenso wenig wie den Einkauf?“

Mutter: „Ähh…“

Ein paar Tage später fand ich dann eine Bewertung im Netz, die davor warnte, mit Kindern zu mir zu kommen. Ich sei dafür vollkommen ungeeignet.

Klartext:

Haben Sie ein oder mehrere Kinder, sind Sie nicht erziehungsBERECHTIGT, sondern erziehungsVERPFLICHTET (dazu weiter unten mehr). Und sinngemäß schließt das natürlich auch die Betreuung des (der) Ihnen anvertrauten kleinen Wesen mit ein. Das Gebiss des eigenen Kindes grob zu vernachlässigen, grenzt an Körperverletzung. Und vor allem: Es verursacht dem Kind, das Sie doch lieben, eines Tages viel Leid. Leid, das leicht vermeidbar gewesen wäre!

Wie handeln Sie also richtig und verantwortungsbewusst?

  • Es beginnt mit der richtigen Ernährung. Honigschnuller, Süßtees und reichlich genossene Süßigkeiten ohne gründliches Zähneputzen vor dem Schlafengehen sind Garanten für eines Tages unweigerlich auftretende Gebissschäden
  • Das Kind soll sehr früh angeleitet werden, selbst zu putzen, die Endkontrolle und eventuelles Nachputzen liegt selbstverständlich in Ihrer Verantwortung!
  • Sie als Elternteil stellen für das Kind ein Vorbild dar, dem es nacheifern will. Je vorbildlicher Ihre eigene Mundhygiene ist, desto mehr Bewusstsein dafür kriegt das Kind schon sehr früh mit. Ich habe ganze Familien in Behandlung, wo die Kinder nur zur Kontrolle und zur Spielzeugausgabe erscheinen, weil die Eltern dermaßen vorbildlich handeln! Ein großes Lob für Kinder und Eltern meinerseits ist in diesen Fällen selbstverständlich.
  • Genauso wie beim Erwachsenen sollte die Kinderzahnbürste längstens alle 6 Wochen durch eine neue ersetzt werden.
  • Früh soll das Kind schon zum Zahnarzt mitgenommen werden. Ideal wären für die ersten Male Kontrollen ohne weitere Maßnahmen. So lernt das Kind den Behandler und seine Spielzeugkiste weitgehend angstfrei kennen. Schrecklich ist es, wenn das Kind den Zahnarzt das erste Mal mit dicker Backe (Zahneiterung) und starken Schmerzen sieht.
  • Ein Kind sollte drei Mal jährlich zum Zahnarzt gehen. Bei Kontrollen erkennt der Zahnarzt so auch eventuelle Zahnfehlstellungen rechtzeitig und kann entsprechend handeln.
  • Genauso wie bei Erwachsenen gibt es auch bei Kindern ANGSTSTÖRUNGEN. In diesem Fall tue ich mein Möglichstes, um mit dem Kind besonders schonend und sensibel umzugehen. Je besser die Eltern vorgearbeitet haben, umso leichter ist es, ein solches Kind zu behandeln.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Thema ERZIEHUNG:

Dazu sei ein Vorfall geschildert, von dem mir meine Mutter, ehemals Zahnärztin eines Wiener Ambulatoriums in Wien, berichtet hat. Ein zehnjähriger (!) Bub sagte zu ihr, als sie das Winkelstück in Richtung seines Mundes bewegte: „For oh mit den Scheißdreck!“. Meine Mutter warf daraufhin dem anwesenden Vater einen vielsagenden Blick zu, sodass dieser einen hochroten Kopf bekam.

Fazit: Ich bin für die Mundgesundheit Ihres Kindes verantwortlich, nicht für sein Benehmen. Ich bin nicht imstande und auch keinesfalls Willens, Widerstandsworte bzw. –handlungen, die aus dem kindlichen Trotz und daher nicht aus Angst resultieren mit irgendeiner Form von Gewalt zu ahnden.

Elterliche Autorität in der Erziehung ist heute ein vieldiskutiertes Thema.

Dazu noch ein paar Worte zu meiner eigenen Erziehung vor über einem halben Jahrhundert:

Ab dem 8. Lebensjahr bin ich allein zur Schule gegangen, ab dem 9. hatte ich durch Umzug sogar einen sehr weiten Schulweg mit zweimal Umsteigen und längeren Fußwegen, natürlich auch alleine. Das Motto war: „Schau links, schau rechts, schau geradeaus, dann kommst du immer gut nach Haus!“. Das war unverhandelbar, das war quasi ein Befehl seitens meiner Eltern. Bei Nichtbefolgung wäre ich binnen kurzem ein schwer verletztes oder totes Kind gewesen.

Und auch beim Arzt wusste ich um die liebende Autorität meiner Eltern, die mich dazu anhielten, die Anweisungen der jeweiligen Ärzte zu befolgen. Natürlich hatte ich Angst, aber ich wusste, dass meine Eltern Recht hatten. Und so war es einem Kieferchirurgen ohne Schwierigkeiten möglich, mir im 11. Lebensjahr einen durch Radfahrsturz ausgeschlagenen bleibenden Frontzahn, wieder zu reimplantieren, was damals eine ellenlange Prozedur war, die noch mit ausgiebigen Verdrahtungen und einer Verplattung einherging. Mit verschwollenem Gesicht und natürlich geschockt habe ich die ganze Prozedur aber vollkommen ruhig über mich ergehen lassen. Warum? Die liebende Autorität meiner natürlich anwesenden Eltern hat mich an gar nichts anderes denken lassen. Mehr als 51 Jahre später geht es dem Zahn übrigens blendend!

Ich finde diese Form der Erziehung gut und hätte es genauso gemacht, hätte ich je eigene Kinder gehabt.